Das sind die aktuellen Regeln nach dem BHF-Urteil 2022
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Muss ein gemeinnütziger Sportverein eigentlich Umsatzsteuer zahlen? Dieser Frage stellte sich in einem aktuellen Fall der Bundesfinanzhof (BHF). Auslöser war ein Rechtsstreit zwischen einem gemeinnützigen Golfverein und dem Finanzamt.
So stufte das Finanzamt zwar die Mitgliedsbeiträge des Golfclubs als steuerfrei ein. Auf die anderen Sonderleistungen des Vereins (z. B. Greenfee, Ballautomat und Startgelder für Wettkämpfe) fiel jedoch die Umsatzsteuer an.
Das Ergebnis: Während sich ein Sportverein in der Vergangenheit das Gemeinschaftsrecht heranziehen konnte, stimmte der BFH nun in Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) der Einschätzung des Finanzamts zu.
Damit gehen einige umsatzsteuerrechtliche Änderungen für Sportvereine einher. Was das Urteil des BFH nun konkret für Ihren Sportverein bedeutet und wann genau dieser Umsatzsteuer zahlen muss, erklären wir Ihnen in folgendem Artikel.
Das Wichtigste in Kürze:
In einem kürzlich abgeschlossenen Rechtsstreit vor dem BHF gerieten ein gemeinnütziger Golfverein und das Finanzamt, in Bezug auf die Umsatzsteuerpflicht, aneinander. Der Auslöser: der Golfverein erzielte neben Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen auch gesonderte Einnahmen von Mitgliedern und Gästen des Golfclubs.
Hierzu zählten übliche Leistungen, wie:
Während die Mitgliedsbeiträge vom Finanzamt hierbei als umsatzsteuerfrei eingestuft wurden, fiel für die Sonderleistungen die Umsatzsteuer an. Das Finanzamt begründete, seine Auffassung mit § 4 Nr. 22 b Umsatzsteuergesetzt (UstG). Demnach seien die Einnahmen des Vereins nach der deutschen Rechtsdefinition von Gemeinnützigkeit zu interpretieren.
Der Verein bezog sich hingegen auf und Art. 132 Abs. 1 Buchstabe m der Mehrwertsteuer-System-Richtlinie (MWStSystRL). Eine frühere Rechtsprechung zu einem Fallschirmspringerverein, nach der sich ein Sportverein auf das EU-Gemeinschaftsrecht berufen konnte.
Zur Lösung des Problems entsandte der BFH schließlich ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH. Dieser erklärte nun die Auslegung der nationalen Rechtslage in Deutschland für bindend.
Demzufolge handelte der Golfverein bei der Aufteilung seines Restvermögens gemäß Abgabenordnung (AO) nicht mehr gemeinnützig. Das gesonderte Entgelt ist demnach umsatzsteuerpflichtig (Urteil des BHF).
Innerhalb Deutschlands sind die gesetzlichen Vorgaben für die Umsatzsteuer im Sportverein in § 4 Nr. 22b UstG geregelt. Laut deutschem Recht ist jede sportliche Veranstaltung, organisiert von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die sich einem gemeinnützigen Zweck widmet und bei dem Entgelt als Teilnahmegebühr dient, umsatzsteuerfrei.
Ausnahmeregelungen für Sonderfälle im Rahmen des Umsatzsteuerrechts finden sich zudem im Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDVO) und im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE).
Über dem deutschen Recht steht zudem das EU-Recht in Form der MwStSystRL. So sind gemäß Art.132 Abs. 1 m MwStSystRL, alle Umsätze für Dienstleistungen gemeinnütziger Organisationen steuerbefreit, die mit körperlicher Ertüchtigung verbunden sind.
Gemäß MwStSystRL sind also alle Dienstleistungen im Rahme der sportlichen Ertüchtigung steuerbefreit, nach UstG jedoch nur sportliche Veranstaltungen. Mit dem Urteil des BHF und des EuGH kann sich ein Sportverein allerdings nicht mehr länger auf das EU-Recht berufen und ist stattdessen an das deutsche Umsatzsteuerrecht gebunden.
Wie unser Fallbeispiel zeigt, kommen auch nach vielen Jahren Vereinsarbeit noch immer Überraschungen auf Sie zu. Sollte es Ihnen also auch mal wie dem Golfverein oben ergehen, so sichern Sie sich rechtzeitig gegen Rechtsstreitigkeiten ab.
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In der Regel sind es Unternehmen, die Umsatzsteuer bezahlen. Was viele Vereine jedoch nicht wissen ist, dass ein gemeinnütziger Verein, ebenfalls unternehmerisch aktiv sein kann. Nämlich immer dann, wenn er einen sogenannten Leistungsaustausch vollzieht. D.h. Einnahmen für Gegenleistungen erhält (mehr zum Thema).
Das ist z.B. der Fall, wenn Nahrungsmittel verkauft, Eintrittsgelder eingenommen oder Werbeanzeigen geschaltet werden. So wird der gemeinnützige Verein im Regelfall vor Gesetz als Kleinunternehmer gehandhabt.
Sportvereine unterliegen gemäß § 19 UStG der Kleinunternehmerregelung. Demnach sind Sie ab einem Bruttojahresumsatz von maximal 22.000 Euro im vorherigen Finanzjahr sowie einem Bruttojahresumsatz von maximal 50.000 Euro im gegenwärtigen Jahr umsatzsteuerpflichtig.
In der Vergangenheit konnten sich Sportvereine in Bezug auf die Umsatzsteuer auf das Gemeinschaftsrecht der EU berufen. Dies ist jedoch nach dem aktuellen Urteil vom 21.04.2022 nicht mehr länger möglich.
Gemäß Art. 132 Abs. 1 m der MwStsystRL werden einige Dienstleistungen von der Umsatzsteuer befreit. Welche dies konkret sind, entscheidet laut EuGH der nationale, also in diesem Fall der deutsche Staat.
Im Rückschluss heißt, dass der Gesetzgeber ist nicht dazu gezwungen, alle Dienstleistungen aus dem ehrenamtlichen Sportbetrieb steuerlich zu entlasten. In Deutschland gelten dementsprechend die Regeln gemäß § 4 Nr. 22b UstG: wonach ausschließlich die Teilnahmegebühr für Sportveranstaltungen steuerfrei sind. Zudem können sich Sportvereine nach dem aktuellen Beschluss des BFH nicht länger auf die MwStSystRL berufen.
Fällt eine Umsatzsteuer für Sportveranstaltungen an?
Laut UstG sind die Einnahmen aus Sportveranstaltungen nur steuerfrei, wenn Sie einem Verein zukommen, der nach AO als gemeinnützig anerkannt ist. Hierzu gehören alle Aktivitäten, die es Sportlern möglich machen, einen Sport zu praktizieren. Beispielsweise Trainingseinheiten, Kurse oder Lehrgänge (das könnte Sie ebenfalls interessieren).
Anders sieht dies allerdings bei Startgeldern für Veranstaltungen aus. Potenziell kommen auch diese für eine nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG für Steuervergünstigung infrage. Kommt es jedoch zum Rechtsstreit, so wird nur steuerlich begünstigt, wenn der Verein in der Vereinssatzung festlegt, als Einrichtung ohne Gewinnstreben zu arbeiten.
Konkret heißt dies, das Vermögen des Vereins darf bei Auflösung des Vereins nicht auf die Vereinsmitglieder aufgeteilt werden. Diese Klausel hat bei der Satzung des Golfvereins in unserem Fallbeispiel gefehlt.
Sind Mitgliedsbeiträge umsatzsteuerpflichtig?
Grundsätzlich bezieht sich das Urteil des BFH ausschließlich auf Sonderleistungen eines Sportvereins. Generell unterliegen jedoch auch Mitgliedsbeiträge de Jure der Umsatzsteuerpflicht.
So heißt es gemäß Rechtsprechung von EuGH und BFH, dass Mitgliedsbeiträge als pauschales Entgelt für Gegenleistungen des Vereins gegenüber seinen Mitgliedern und Gästen anzusehen sind.
Zu diesen Sonderleistungen zählen beispielsweise die Überlassung von Sportstätten und Geräten, die Teilnahme an Kursen oder Turniere. Von diesen Aktivitäten fallen im Übrigen nur letztere in die Kategorie Veranstaltungen nach § 4 Nr. 22b UstG und sind somit nicht umsatzsteuerpflichtig.
Angewendet wird diese Gesetzeslage allerdings in der Regel nicht. De facto unterscheidet das Finanzamt nämlich zwischen echten und unechten Beiträgen:
Auch nach dem BHF-Urteil ändert sich dies nicht, denn dieses bezieht sich lediglich auf die gesonderten Leistungen eines Vereins. Entsprechend gilt: Entspricht die Vereinssatzung des Sportvereins den Kriterien für Gemeinnützigkeit gemäß AO, so bleiben die Mitgliedsbeiträge steuerfrei, insofern sie ausschließlich als Gegenleistung für das Sporttreiben im Verein erhoben werden. Mitgliedsbeiträge hingegen, die der Förderung einzelner Mitglieder dienen, werden besteuert.
Sind Sportkurse und Training von der Umsatzsteuer befreit?
Allgemein fallen Sportkurse und Trainingseinheiten unter den Begriff der Sportveranstaltung gemäß § 4 Nr. 22b UstG und sind somit steuerbefreit. Das ist auch dann der Fall, wenn es um Breitensport geht.
Was nach dem Urteil des BFH und EuGH weiterhin unklar ist, ist welche konkreten Sportarten nun unter die Einordnung Sportveranstaltungen fallen. Eine entsprechende Ergänzung gibt es bislang im § 4 Nr. 22b UstG jedoch nicht (siehe auch).
Grundsätzlich sind nach dem Urteil des BFH alle Einnahmen eines Sportvereins umsatzsteuerpflichtig, die nicht als sportliche Veranstaltung gelten (siehe auch). Dazu zählen:
Sonderleistungen von Sportvereinen unterliegen nach dem aktuellen Urteil des BHF eindeutig der Umsatzsteuerpflicht. Eine Berufung auf das Gemeinschaftsrecht ist nicht mehr möglich. Stattdessen entscheidet nun der nationale Gesetzgeber, welche Leistungen versteuert werden.
Als Sonderleistungen zählen unter anderem die folgenden Aktivitäten:
Ein gemeinnütziger Sportverein profitiert natürlich weiterhin von Steuervergünstigungen. Im Unterschied zu anderen Steuerarten, wird die Umsatzsteuer aber nicht jährlich erhoben, sondern der jeweilige Gewinn separat versteuert. So sind einige Einnahmen komplett umsatzsteuerbefreit und wieder andere ermäßigt.
Keinerlei Umsatzsteuer fällt für Einnahmen aus dem ideellen Bereich sowie einigen Gewinnen aus der Vermögensverwaltung (z.B. Vermietung) an. Die restlichen Einnahmen aus der Vermögensverwaltung werden mit einem ermäßigten Steuersatz von 7 % besteuert. Gleiches gilt für Einnahmen aus dem Zweckbetrieb.
Die Einnahmen eines Vereins werden zudem in 4 Steuerbereiche unterteilt: den ideellen Bereich, den Zweckbetrieb, die Vermögensverwaltung und den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (weitere Details zur Besteuerung von Vereinen). Abhängig vom Steuerbereich fällt gar keine, eine ermäßigte oder auch die volle Umsatzsteuer an.
Ideeller Bereich
Für den ideellen Bereich, hierzu zählen z.B. Mitgliedsbeiträge, Spenden und Zuschüsse, fällt keine Umsatzsteuer an.
Zweckbetrieb
Zum Zweckbetrieb gehören beispielsweise sportliche Veranstaltungen mit Einnahmen bis zu 45.000 Euro und Lotterien für gemeinnützige Zwecke. Hier fällt eine ermäßigte Umsatzsteuer von 7 % an.
Vermögensverwaltung
Zur Vermögensverwaltung zählen Vermietung und Verpachtung, Kreditgeschäfte und Werberechte. Auch bei der Vermögensverwaltung gilt in der Regel ein ermäßigter Steuersatz von 7 %. Ausgenommen sind hier die Einkünfte aus Vermietung, diese zählen zu den Sonderfällen der UStG und sind dementsprechend umsatzsteuerfrei.
Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
Der Verkauf von Lebensmitteln bei Wettkämpfen oder im Vereinsheim sind hingegen klassische Beispiele für Einnahmen aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Hier fällt der gewöhnliche Regelsteuersatz von 7 % oder 19 % an.
Ob ein Verein Mehrwertsteuer (MWST) ausweisen kann, hängt davon ab, ob das Finanzamt diesen als Kleinunternehmen oder als Unternehmen einstuft. Liegt der Umsatz des Vereins bei höchstens 22.000 Euro im letzten und höchsten 50.000 Euro im aktuellen Finanzjahr, so gilt er als Kleinunternehmen.
Ergo muss er keine Umsatz- bzw. MWST zahlen. Das heißt jedoch auch, dass er keine MWST in Rechnungen ausweisen darf. Ein Verein hat aber auch die Möglichkeit, freiwillig Umsatzsteuer zu zahlen. In Folge muss er sich allerdings aber auch 5 Jahre lang an die Zahlungen der Umsatzsteuer binden.
Zählt der Verein als Unternehmen, so ist er sogar auf Anfrage des Leistungsempfängers verpflichtet, einen separaten Umsatzsteuerausweis auszustellen (siehe auch).
Aus dem Urteil des BHF folgt, dass ein Verein, der seinen Mitgliedern langfristig Sportstätten zur Verfügung stellt, für die Mitgliedsbeiträge entgeltliche Gegenleistungen erbringt. Bislang wurden zumindest echte Mitgliedsbeiträge in der Vereinspraxis jedoch nicht als Leistungsaustausch betrachtet (siehe Abschnitt 4.1 Abs. 1 Satz 1 UStAE).
Aufgrund der aktuellen Auslegung des BHF ist diese Herangehensweise zumindest rein rechtlich nicht mehr möglich. Sieht der Gesetzgeber nun keine Korrektur vor, kann es durchaus passieren, dass Sportvereine in Zukunft stärker besteuert werden
Wie unser Fallbeispiel zeigt, kommen auch nach vielen Jahren Vereinsarbeit noch immer Überraschungen auf Sie zu. Sollte es Ihnen also auch mal wie dem Golfverein oben ergehen, so sichern Sie sich rechtzeitig gegen Rechtsstreitigkeiten ab.
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